Einen Plan haben wir für heute nicht – bringt ja eh nichts – wir wissen nur, es geht Richtung Nord-West zum Geirangerfjord. Da wir nicht mit der Fähre über den Sognefjord fahren wollen, bleibt uns nur der Weg über das Gebirge. Nicht, dass wir schon wüssten, worauf wir uns da einlassen, aber wer nicht wagt, der nicht gewinnt. Die Straße von Over Ardal führt uns auf über 1000 Höhenmeter, Straße ist vielleicht etwas übertrieben, eher ist es ein Weg, der sich in Serpentinen nach oben schlängelt, an Leitplanken wird hier gespart und ein umkehren ist nicht mehr möglich. Da stockt einem als Beifahrer der Atem und man wünscht sich in einen kleinen flachen Sportwagen. Der Fahrer hat keine Zeit für Angst, da ist höchste Konzentration nötig, die ihm die Schweißperlen auf die Stirn treibt. Als wir dann endlich oben sind, wird die Straße breiter und Fahrer und Beifahrer entspannen sich wieder. Der Anblick, der sich einem nun bietet, ist atemberaubend und nicht in Worte zu fassen.
Erst im Nachhinein erfahren wir, dass wir durch den Jotunheimer Nationalpark fahren (gut, dass wir das nicht geplant haben, sonst hätte es vermutlich nicht geklappt), das heißt übersetzt Heimat der Riesen und genau so fühlt man sich auch – klein und verloren. Hier oben gibt es nur Steine, Moos, ein paar Büsche, Gletscher und Seen. Insgesamt liegen mehr als 275 Gipfel von über 2000 m Höhe und 60 Gletscher innerhalb des Parks. Das Gefühl, das sich hier oben einstellt, ist überwältigend, bezaubernd, … Bei einem kleinen Picknick hätte es uns überhaupt nicht gewundert, wenn plötzlich ein Stein zur Seite rollt und ein Troll aus der Erde steigt, hier oben scheint einfach alles möglich zu sein.
Wir machen Bilder über Bilder, obwohl alles irgendwie gleich ausschaut, ist jeder Blick anders als der vorherige und leider können die Bilder nicht mal ansatzweise zeigen, was wir hier sehen. Trotzdem stellen wir einige in den Blog und die Auswahl fällt uns heute wirklich schwer.
Gegen Mittag haben wir die Idee, das Gebirge noch einmal zu verlassen, um auf dem Lusterfjord zu paddeln. Wir fahren hinab nach Skjolden, mieten uns zwei Kajaks und es geht los. Auf dem großen Wasser fühlt man sich etwas verloren in seiner kleinen Nussschale, ganz egal ist es uns beiden nicht, mit dem tiefen Wasser unter uns und wenn die Motorboote vorbei rauschen und die Wellen etwas höher schlagen, kann einem schon mulmig werden. Die Rettung ist nicht weit, ein schmalerer Flussarm geht vom Fjord ab und hier fühlen wir uns wieder so sicher, wie auf heimatlichen Gewässern und wir genießen unsere Tour.
Im Anschluss heißt es wieder nach oben, in die Heimat der Riesen, um weitere Ohhhs und Ahhhs zu erleben. Am Ende des Nationalparks haben wir auch noch die Möglichkeit, unsere Füße in Gletscherwasser zu baden, nach nicht einmal einer Minute, kann man seine Füße kaum noch spüren – eisig kalt.
Achtung: an alle Mopedfahrer – die Rv55 im Jotunheimer Nationalpark ist ein MUSS, lasst euch das nicht entgehen.
Am Geirangerfjord angekommen erwartet uns ein Trubel, der nach so einem Tag kaum zu ertragen ist und da wir vor ca. 10 km einen kleinen und wirklich idyllischen Campingplatz (Dalen-Camping) am Fuße des Dalsnibba gesichtet haben, kehren wir noch einmal um. Eine wirklich hervorragende Wahl, wir haben den einzigen Camper auf dem Platz und irgendwo weit entfernt stehen noch zwei Zelte. Alles ist liebevoll hergerichtet und die Besitzerin empfängt uns sehr freundlich. Hier stellen wir uns die Frage, was die ganzen Menschen dazu treibt, unten am Geiranger auf den überfüllten Campingplätzen zu bleiben – naja, kann uns ja auch egal sein, hauptsache wir sind hier und haben Ruhe. Die brauchen wir heute ganz dringend, denn unsere Gehirne sind völlig überlastet von den ganzen Eindrücken, die wir heute aufgesaugt haben. Ein wundervoller Tag geht zu Ende.