Schon in der Vorbereitung auf unsere große Reise haben wir beschlossen, auf jeden Fall die Drakensberge zu besuchen. Da wir es lieben in den Bergen zu sein, ist das höchste Gebirge im südlichen Afrika ein Muss für uns. Unsere erste Station in der Provinz KwaZulu-Natal ist Underberg, eine kleine Stadt in den südlichen Ausläufern der Drakensberge. Schon auf der Hinfahrt bekommen wir einen Vorgeschmack auf das, was uns erwartet. Wir fahren durch wunderschöne hügelige Landschaften, die alle mit kräftigen grün bedeckt sind und in der Ferne lassen sich die Drachenberge schon vermuten, die bis zu über 3000m in die Höhe ragen. Ganz herzlich werden wir von Gary und Shan begrüßt, die für uns ein Zimmer für die nächsten Tage haben. Von Beginn an spüren wir eine ganz besondere Vertrautheit zu dieser Familie, es war ein bisschen wie Liebe auf den ersten Blick. Und wir haben uns nicht getäuscht, denn in den wenigen Stunden, die wir zusammen verbringen, fühlt es sich an, als wären wir bei unserer Familie. Am ersten Tag müssen wir uns erstmal darum kümmern, unsere Klamotten zu waschen, in unseren Rucksäcken ist nicht ein sauberes Kleidungsstück mehr zu finden – die letzte Wäsche haben wir bei Heide in Muizenberg gehabt. Nach dem diese lästige aber nötige Sache erledigt ist, erkunden wir die Umgebung mit dem Auto. So weit das Auge reicht sehen wir grüne Hügel, Berge und Täler und wir fühlen uns ein bisschen, als würden wir durch das Land der Hobbits fahren. Eigentlich liegt die Filmkulisse von „Herr der Ringe“ in Neuseeland und davon sind wir noch ziemlich weit entfernt, aber Peter Jackson hätte seinen Film auch genauso gut hier in den Drakensbergen drehen können. Wenn man sich mitten in dieser Landschaft befindet, gibt es einen Gänsehautmoment nach dem anderen und ob man nah am Wasser gebaut ist oder nicht, diese Schönheit treibt einen die Tränen in die Augen. Und wieder einmal bedauern wir, dass wir diesen Blick nicht mit der Kamera einfangen und euch zeigen können. Fast verlieren wir ganz und gar die Lust am fotografieren, denn keines der Fotos zeigt wirklich das, was wir sehen. Trotzdem wollen wir euch die Aufnahmen nicht ganz vorenthalten.
Am nächsten Tag sind wir schon früh am Morgen mit Gary verabredet, er fährt mit uns über den Sani-Pass nach Lesotho. Über den höchsten Pass in Südafrika kommt man nur mit einem Geländewagen und am besten ist es, wenn am Steuer jemand sitzt, der Erfahrung auf dieser Straße hat – wie gut, dass wir bei Gary abgestiegen sind, der hat nämlich beides. Dieser Tag ist der absolute Wahnsinn, wir wissen nicht, wovon wir zuerst begeistert sein sollen, von dem warmherzigsten, lustigsten und coolsten Typen, den wir seit langen getroffen haben oder von dieser überwältigenden Natur, die uns umgibt. Ziemlich oft bleiben wir stehen, um Fotos zu machen oder einen Cache zu finden und gleichzeitig weisen wir Gary in die Geheimnisse des Geocachens ein – sehr schnell findet er großen Gefallen an unserem Hobby und ist jetzt auch ein stolzes Mitglied der Geocachergemeinde. Wir drei haben zusammen auf dieser Tour ganz besondere Momente. Obwohl wir nicht die gleiche Muttersprache sprechen, sprechen wir doch die selbe Sprache, wir sehen die Welt auf eine ähnliche Art und Weise und können uns an den gleichen Dingen erfreuen. Die Menschen, die wir am Mdumbi-River geglaubt haben zu finden, treffen wir jetzt hier in Underberg. Für Gary gibt es eine wichtige Botschaft und die ist: One Love. Einige von euch werden diese Botschaft aus dem Lied von Bob Marley kennen, für Gary ist es das Geheimnis für eine bessere Welt. Er ist so voller Liebe gegenüber den Menschen, den Tieren, der Natur dieser ganzen Mutter Erde und dies mit einer authentischen Leichtigkeit, dass einem das Herz aufgeht, wenn man mit ihm zusammen ist. Und ganz schnell merken wir, das geht nicht nur uns so, denn als wir an der Grenze nach Lesotho ankommen, haben alle Menschen einen netten Spruch und ein breites Lächeln für ihn oder wollen sich sogar mit ihm fotografieren lassen. Klingt fast ein bisschen magisch, er selbst ist aber sicher, es ist nur der Glaube an die Eine Liebe, die alles verbindet.
In Lesotho angekommen, besuchen wir ein kleines Dorf und werden von einer Familie in ihre Hütte eingeladen. Natürlich haben wir auch ein paar kleine Geschenke dabei, Reis, Mehl, Öl und so weiter – was eine Familie braucht, die eigentlich nicht viel zum Leben hat. Wir bekommen frisch gebackenes Brot und selbstgebrautes Bier zum probieren und lernen auch ein paar Worte. Die Bewohner von Lesotho nennt man Basotho und die sprechen Sesotho und bezahlen mit Maloti – mehr konnten wir uns leider nicht merken. In ihrer kleinen Rundhütten befindet sich in der Mitte eine Feuerstelle zum kochen, an der Wand steht eine Bank zum sitzen, ein Regal mit Geschirr (das ist die Küche), ein Platz mit zwei Schüsseln (das ist das Bad) und eine Liege (das ist das Schlafzimmer). Alles befindet sich in einem Raum. Hier müssen wir uns wieder zwangsläufig fragen, warum wohnen die einen in Palästen und die anderen nur mit dem Notwendigsten.
Auf dem Rückweg halten wir am höchsten Pub Südafrikas, der eigentlich zwischen den beiden Grenzübergängen im Niemandsland liegt. Wir genehmigen uns ein Bier, lauschen einem Musikanten, der ein Instrument spielt, das wir nicht kennen und genießen den Platz, an dem Südafrika den Himmel berührt.
Eigentlich ist die Sani-Pass-Tour jetzt beendet, aber wir haben noch lange nicht genug, also beschließt Gary uns noch seine Lieblingsplätze zu zeigen. Wir besuchen einige seiner Freunde und finden wundervolle ruhige Orte. Am Abend gehen wir alle gemeinsam zum Geburtstag eines Freundes und machen zum ersten Mal einen echten afrikanischen Braai. Man darf nicht den Fehler machen und es mit unseren Grillabenden verwechseln, am besten sollte man das Wort grillen oder BBQ gar nicht in den Mund nehmen, obwohl es schon Ähnlichkeiten gibt. Der Braai gehört hier zur Kultur und es gibt sogar einen Tag, der danach benannt ist. Brain ist das Geburtstagskind und lebt gemeinsam mit seinem Kumpel Sid in einem kleinen Camp. Sie gehören beide nicht zu den Gewinnern dieser Gesellschaft, aber auch hier merken wir wieder einmal, dass die Menschen, die wenig haben, oft ein großes Herz besitzen. Und so geht ein perfekter Tag zu Ende und wir liegen am Abend überwältigt und glücklich in unseren Betten. Natürlich hatten wir in den letzten Wochen schon viele wunderbare und erlebnisreiche Tage, aber wenn wir uns entscheiden müssten, welchen Tag wir nochmal erleben wollen, dann wäre es dieser.
Und dann kommt der Zeitpunkt an dem wir uns verabschieden müssen, viel lieber würden wir noch bleiben. Aber wir sind froh und dankbar, dass uns unser Weg hierher geführt hat. Wir sind als Fremde gekommen und haben uns als Familie verabschiedet und eines ist jetzt ganz klar, wir müssen zurückkommen nach Underberg in Südafrika um alle wiederzusehen. Wir verabschieden uns bei Ronald dem Drachen und der Katze Marley, bedanken uns bei Willow dem Hund (The Boss), dass er uns Einlass gewehrt hat, bei Shan (The Big Boss) für ihre Freundlichkeit und das leckere Essen, bei Stephen (The Little Boss) für das aufmunternde Good Morning und die vielen Geschichten und bei Gary (One Love) für die Zeit, die er mit uns geteilt hat, die guten Gespräche über Gott und die Welt, die Gänsehautmomente und die vielen Emotionen – Es war der perfekte Tag.
To Gary, Shan and Stephen,
thank you for everything we really enjoyed spending time with you.
We take you on our journey in our hearts and if we think of you we will always have a smile. Someday we’ll meet again.
One Love