Wo die Garden Route wirklich beginnt, darüber wird man sich einfach nicht einig. Jeder will ein Stück vom großen Tourismus-Kuchen ab haben. Wir schließen uns jetzt einfach mal den Leuten an, bei denen die berühmte Route in Mossel Bay beginnt und in Port Elizabeth endet. Das sind unsere nächsten beiden Ziele. Da wir uns nur schwer vom Hinterland trennen können, werden wir über die Route 62 fahren. Die namentliche Ähnlichkeit mit der weltberühmten 66 ist wohl gewollt, trotzdem scheint sie bei den Südafrikabesuchern nicht sehr bekannt zu sein, wir fahren viele Kilometer und begegnen kaum einer Menschenseele. Aber wir bereuen unsere Entscheidung keinesfalls, denn wir fahren über mächtige Gebirgspässe, durch grüne Täler und die einsame Halbwüste Karoo. Bei dieser schönen Aussicht sind wir froh, dass wir in unserem Auto sitzen und eine Klimaanlage haben, denn als wir durch die „Kleine Karoo“ fahren, zeigt das Thermometer 42°C. Kurz vor Mossel Bay überqueren wir noch den Robinsonpass und sehen schon von weiten dichten Rauch aufsteigen. Am gegenüberliegenden Pass ist am Vormittag ein Feuer ausgebrochen, das sich unaufhörlich ausbreitet. Für die Menschen in der Umgebung ist dies nicht der erste Brand in den letzten Tagen und die Feuerwehrmänner sind rund um die Uhr beschäftigt. Die Flammen lodern zu sehen, ist schon beängstigend und man spürt, wie machtlos der Mensch gegenüber den Naturgewalten ist. Natürlich verfolgen wir per News die Entwicklung und erfahren, dass wenige Stunden nach unserer Passüberquerung das Feuer übergesprungen und der Robinsonpass gesperrt ist. Von unserer Unterkunft aus sehen wir auch noch die nächsten zwei Tage die Flammen wüten.
In Mossel Bay angekommen, gibt es gleich einmal einen Vorgeschmack, was uns auf der Garden Route erwartet. Schicke Wohngebiete, viele große Hotelkomplexe, reichlich Cafés und Restaurants, Flaniermeilen und unzählige Touristen. Als wir unsere Unterkunft aufsuchen, sind wir uns nicht mehr sicher, ob wir in Südafrika oder doch schon in Beverly Hills sind. Ob wir hier richtig sind? Irgendwie fühlen wir uns fehl am Platz, mit unseren etwas angestaubten Klamotten. Aber wir werden freundlich begrüßt und bekommen ein kleines Zimmer im Keller des Hauses. Klingt schlimmer als es ist, denn das Haus steht auf einem Hang und wir haben eine fantastische Aussicht. Auf unserer ersten Erkundungstour finden wir auch ziemlich bald eine Kneipe ganz nach unserem Geschmack. Eine große alte Blechhütte, in der sich eine Kaffeerösterei befindet. Die Ausstattung ist grandios, alte Tische und Stühle, aufgeschnittene Badewannen mit Kissen gepolstert und überall Antiquitäten und Geraffel aus aller Welt – The Blue Shed – hier ist der Name Programm. Das ist der Ort in ganz Mossel Bay, an dem wir uns am wohlsten fühlen – eigentlich können wir schon sagen, auf der ganzen Garden Route, denn wir werden den Blauen Schuppen noch öfter vermissen. Die nächsten Tage fahren wir die Garden Route hoch und runter, aber ein echtes Wohlgefühl will bei uns nicht aufkommen. Für Menschen, die gerne alles glänzend und sauber haben, die im Restaurant an den Tisch geführt werden wollen und die bei ihren Abenteuern gerne von einem Guide beschützt werden, ist dies genau der richtige Ort. Wir wollen das auch gar nicht beurteilen oder bewerten, jeder soll das bekommen, womit er sich am wohlsten fühlt – für uns ist aber klar, Afrika ist ganz weit weg. In einem Flyer finden wir die Beschreibung einer Tour über den Montagupass – man sollte schwindelfrei sein und die Fahrt wird ziemlich aufregend dargestellt. Na das ist doch etwas für uns! Die Fahrt ist toll, die Aussicht märchenhaft und wir genießen es, aber aufregend ist es nicht. Wir haben schon öfter festgestellt, das hier gerne ein bisschen übertrieben wird, bei der Darstellung der Attraktionen. Wir versuchen unser Abenteuer im Tsitsikamma Nationalpark zu finden und die Natur ist hier wirklich unglaublich schön, aber durchbrochen von Wanderstegen aus Holz, damit sich der Tourist nicht verletzt und ein Kajak bekommen wir nur, wenn wir mit Guide aufs Wasser gehen. Wir müssen zwangsläufig an unsere Reise durch Norwegen denken, die wir 2016 gemacht haben. Hier haben wir die verrücktesten Wanderwege beschritten und sind mutterseelenallein mit dem Kajak in den Fjorden herumgepaddelt. Naja, man kann eben nicht immer alles haben und die Garden Route passt halt nicht so gut zu uns.
„Der Tourist zerstört das, was er sucht, indem er es findet.“
Hans Magnus Enzenberger
Wir machen das Beste daraus, besichtigen die Hängebrücke über dem Storm River, gehen mal richtig fein essen und lassen uns den Spaß nicht verderben. Unsere Unterkunft in Port Elizabeth ist dann noch das i-Tüppfelchen der letzten Tage. Wir haben ein günstiges Zimmer am Rande der Großstadt bei einer Familie angefragt, bei der Ankunft werden wir an einer Straßenkreuzung abgeholt, damit man uns auf`s Anwesen geleiten kann. Puh – sind da wirklich wir gemeint? Als die Security uns die Tore öffnet, betreten wir eine ganz eigene Welt. Eine riesige Anlage mit einem Golfplatz, auf dem hier und da kleine Villen und Einfamilienhäuser stehen und mitten drin grasen Zebra, Kudu oder Springbock im Vorgarten. Nicht ganz unser Klientel, aber irgendwie cool. Unsere Gastgeber sind sehr nette und entspannte Leute und beim Abendspaziergang gibt es ein nettes Schwätzchen mit dem Nachbarn. Vor ein paar Tagen noch ein Abstecher ins Township, heute wohnen bei der gehobenen Gesellschaft – wenn man eine Reise tut, dann kann man was erleben.
Das wir uns in Port Elizabeth eine Bleibe gesucht haben, war wohl durchdacht, denn ganz in der Nähe befindet sich der Addo Elefanten Nationalpark. Neben dem Krüger ist dies einer der Größten seinesgleichen und bis auf das Nashorn sind alle der Big Five vertreten. Ursprünglich wurde dieser Park eingerichtet, um die letzten elf überlebenden Elefanten vor den Jägern zu schützen – heute tummeln sich ca. 600 Dickhäuter in dem riesigen Gelände. Wer die Kerstin kennt, weiß, das ist ein ganz besonderes Highlight, denn für sie sind die Kolosse die beeindruckendsten Geschöpfe auf diesem Planeten. Noch vor Sonnenaufgang klingelt der Wecker und schon kurz nach sieben Uhr stehen wir am Eingangstor des Parks. Man kann sich einem Guide anschließen, mit dem man dann den Park durchquert – man kann aber auch, auf eigenes Risiko, mit seinem Auto das Gebiet erkunden. Wir haben den perfekten Wagen, um das Ganze auf eigene Faust zu machen. Mit einer Safari ist das ja immer so eine Sache, entweder man fährt stundenlang durch die Gegend und alle spannenden Tiere verstecken sich oder man hat Glück. Und Leute ich kann euch sagen, wir haben so viel Glück, dass wir es kaum fassen können. Nach 10 Minuten stehen wir am ersten Wasserloch und beobachten eine ganze Elefantenherde. Wow, wow, wow, das ist echt beeindruckend, diese Tiere so nah und in Freiheit zu erleben. Natürlich darf man sein Auto nicht verlassen, das versteht sich von selbst, aber mit runtergelassenen Scheiben, kann man prima Fotos machen. Glücklich und ganz aufgeregt beobachten wir die Tiere aus dem Fenster auf der Beifahrerseite, als Andreas fast das Herz in die Hose rutscht, auf leisen Sohlen hat sich ein Elefantenbulle angeschlichen und steht jetzt direkt neben unserem Auto. Wir erstarren vor Ehrfurcht und sind gleichzeitig fasziniert – reagieren können wir erstmal gar nicht. Der Dicke will zum Wasserloch, schaut uns einmal kurz an und schlappt dann gemütlich an uns vorbei – der absolute Wahnsinn, wir zittern vor Aufregung und sind gleichzeitig happy. Wir nehmen uns fast sechs Stunden Zeit, um den gesamten Park vom Norden bis zum Süden zu durchqueren. Und unser Glück verlässt uns nicht, wir sehen noch viele Elefantenfamilien, Zebras, Kudus und Warzenschweine. Nur Büffel, Löwe und Leopard bleiben versteckt. Wir haben unzählige Fotos gemacht und sie danach gleich aussortiert, man behält ja nur die schönsten Treffer – es sind immer noch 100 Stück. Das war ein wirklich tolles Erlebnis – also wenn ihr mal in Afrika seit, Safari ist ein unbedingtes Muss.