Ganz gemütlich packen wir unsere sieben Sachen und machen uns auf, um unseren ersten Roadtrip durch West Cape zu starten. Entlang der Küste nutzen wir die Zeit, um ab und an einmal stehen zu bleiben und die Aussicht zu genießen. Das Highlight auf dieser Fahrt ist das „Coffee on Clarence“, das nach einer gefühlt endlosen Straße plötzlich auftaucht. Oh ja – wir brauchen einen Kaffee, da kommt uns diese kleine Hütte gerade recht. Wir werden freundlich empfangen, bekommen einen hervorragenden Kaffee und es gibt noch einen kleinen Plausch mit Johny. Als er erfährt, dass wir ein Jahr um die Welt touren wollen, gerät er völlig aus dem Häuschen. „It´s my dream to do something like that“ – ja, da leben wir wohl gerade Johnys Traum und er ist so begeistert, als würde es morgen für ihn auch losgehen. Es dauert gar nicht lange, da kommen auch Jaques und Kristi und wollen mehr wissen. Dann wird ein Handy nach dem anderen gezückt und es werden Fotos geschossen. Vermutlich sind wir jetzt auf allen sozialen Netzwerken verewigt. Das völlig fremde Menschen sich so über unsere Reise freuen können, hat uns ziemlich begeistert. Also solltet ihr mal in der Nähe von Betty`s Bay in Südafrika sein, haltet bei Kristi, Jaques und Johny an, es gibt einiges zum Essen und Trinken und unwahrscheinlich herzliche Menschen.
Am späten Nachmittag kommen wir bei Jared an, der für uns eine Unterkunft hat und dann wird erstmal die Umgebung ausgekundschaftet. Bei so einer Reise fängt man ja immer wieder von Neuem an, sich zu orientieren. Am nächsten Tag wird beschlossen, einen Strandtag einzulegen – naja, eigentlich beschließt Kerstin das und Andreas ergibt sich seinem Schicksal. In Hermanus gibt es mehrere tolle Strände, das Wasser ist etwas wärmer als in der False Bay und wir sind schon fast drei Wochen hier und haben noch nicht einmal im Meer gebadet. Andreas ist auch ganz tapfer und hält ganze vier Stunden durch, obwohl der Wind zu windig, der Sand zu sandig und das Wasser zu nass ist. Natürlich herrscht bei uns ausgleichende Gerechtigkeit und wir fahren noch den Rotary Way, von dessen Aussichtspunkten man den besten Blick über Hermanus hat und zum Abschluss gibt es noch einen kleinen Spaziergang auf den Hoy`s Koopie um den Sonnenuntergang zu genießen.
Am nächsten Tag stehen wir schon um 06:30 Uhr vor den Toren des Fernkloof Nature Reserve, denn wir gehen wandern. Es ist eine großartige Tour und genau die richtige Zeit. Wir haben die Wanderwege ganz für uns allein, die Berge um uns herum spenden noch ordentlich Schatten (der ist nämlich Mangelware hier in Afrika) und die Aussicht zaubert einen ständig ein Lächeln ins Gesicht.
Da wir schon früh aufgebrochen sind, haben wir am Nachmittag noch die Zeit, zum Theewaterskloof Dam zu fahren. Es ist der größte Wasserspeicher von Kapstadt und da uns die Wasserknappheit, die hier herrscht, tagtäglich begegnet, war uns dies ein großes Anliegen. Wenn man den fast leeren Speicher dann vor sich sieht, wird die Katastrophe ganz deutlich und das ist keine Übertreibung, denn ab der Wasser Restriktion Stufe 5 handelt es sich um einen Katastrophenfall, seit dem 1. Januar 2018 befinden wir uns auf Stufe 6.
Es wird auch darüber geschrieben, das voraussichtlich ab Ende April die Trinkwasserversorgung eingestellt werden muss – ob dies den Tatsachen entspricht, können wir nicht mit Sicherheit sagen. Seit mehreren Jahren leidet die Kapregion an einer Dürre, die es seit Anfang des 20. Jh. nicht mehr gegeben hat. Auch hier hat man noch vor einiger Zeit sorglos den Wasserhahn aufgedreht und jetzt reicht es kaum noch um die Menschen mit Trinkwasser zu versorgen. Schon am Flughafen wird man auf den Wassermangel hingewiesen und diese Hinweise ziehen sich durch das ganze Land, bis hin zu Privathaushalten. In vielen öffentlichen Toiletten gibt es Desinfektionsmittel statt Wasser, Schwimmbäder sind leer und Haushalte, die mehr Wasser als erlaubt verbrauchen zahlen Strafen. Einige der etwas besser Betuchten scheinen aber das Problem noch nicht erkannt zu haben, denn wenn man durch die bürgerlichen Viertel fährt, kann man immer noch Leute beobachten, die sich in ihren übergroßen Pools räkeln. Und natürlich läuft das kostbare Nass auch in den Hotels, um die Gäste zu verwöhnen. Der Tourismus bringt der Region mit Sicherheit viel Geld, zehrt aber auch an den Wasservorräten. Die Zeche bezahlt die Bevölkerung und dort trifft es wie immer die armen Leute, denn nicht nur die Wasserpreise steigen, sondern auch die Lebensmittel sind teurer geworden.
Wir waren der Meinung, dass wir auch schon zu Hause sparsam mit den natürlichen Ressourcen umgegangen sind. Aber hier überlegt man sich wirklich jeden Wassertropfen, den man verbraucht. Das Erste, was uns am Theewaterskloof Dam eingefallen ist, waren unsere Enkelkinder – die es ja noch gar nicht gibt. Werden sie auch so unbeschwert Leben können wie wir, oder kämpfen sie vielleicht schon darum zu überleben? Wir sind keine Schwarzmaler, dann hätten wir uns wahrscheinlich nicht zu einer Weltreise aufgemacht – wir sind aber auch nicht blind.