Nach so viel berauschender Natur heißt es nun für uns wieder einmal Großstadtfeeling. Wir fahren zuerst nach Johannesburg, das in der Umgangssprache gerne Joburg genannt wird. Am Flughafen müssen wir unseren schicken, geräumigen Wagen abgeben und bekommen für die nächsten Tage ein neues Auto. Es ist schon eine kleine Herausforderung ohne Navi im Auto durch diese riesige Stadt zu fahren und den richtigen Weg zu finden, aber zum Glück sind Flughäfen immer gut ausgeschildert. Lediglich die Suche nach der Rückgabestation der Autovermietung lässt uns ein paar Kreise drehen, aber bald werden wir fündig und können das Schmuckstück übergeben. Um ein neues Auto zu bekommen stehen wir erstmal Schlange und als wir dann an der Reihe sind, erklärt uns die Dame am Schalter freudestrahlend, dass sie einen deutschen Wagen für uns hat. Wir bekommen einen VW-Polo – deutscher Wagen hin oder her, lieber wäre uns der alte gewesen, denn der kleine Polo kommt uns jetzt schon ziemlich eng vor. Doch wir wollen zufrieden sein, für die Stadt ist das völlig ausreichend und wir können uns fortbewegen.

Seit dem wir in Südafrika angekommen sind, überlegen wir, ob wir uns eine Unterkunft in Joburg oder in Pretoria suchen. Alle Einheimischen haben uns ausdrücklich von Johannesburg abgeraten und empfohlen nach Pretoria zu gehen. Das Joburg mal als gefährlichste Stadt der Welt galt, ist uns natürlich bekannt, aber wir haben auch gelesen, dass sich in den letzten Jahren viel getan hat – doch schlechte Nachrichten hallen offensichtlich länger nach als gute. Die Menschen aus Pretoria erklären uns dann später, es ist zwar schön, dass wir uns für ihre Stadt entschieden haben, aber Schade, dass wir Joburg nicht erleben werden, denn es ist eine tolle Stadt und ihr Ruf ist schlechter als die Wirklichkeit. Aber wir haben mit Pretoria keinen Fehler gemacht, denn es ist eine gemütliche Großstadt, ganz ähnlich wie Nürnberg und es gibt unzählige Parks und Grünflächen. Noch bevor wir unsere Unterkunft suchen, führt uns unser Weg zu den Union Buildings, in denen sich der Sitz der südafrikanischen Regierung befindet. Und wir können uns in dem wunderschön angelegten Park ein bisschen von der Fahrerei erholen.

Bei Louis angekommen, werden wir so nett begrüßt und auf dem Grundstück steht ein Rundhaus gebaut im afrikanischen Stil, dass wir beziehen dürfen. Hier finden wir alles was wir brauchen und haben direkt an der Terrasse einen großen Pool – zum Glück gibt es hier nicht so ein großes Problem mit Wasser und wir können ihn, ohne ein schlechtes Gewissen zu haben, nutzen. Gleich von Beginn an fühlen wir uns sehr wohl und freuen uns auf die nächsten Tage.

Hier haben wir Zeit um uns mal so richtig zu erholen – wir machen sozusagen Urlaub vom Urlaub. Wir unterhalten uns mit dem 17jährigen Gerson, der auch bei Louise wohnt, trinken mit Louis das ein oder andere Bier und lernen Schwester und Schwager kennen, die gerade in Europa Urlaub gemacht haben. Gerson hat mit 17 Jahren seine Heimat Mosambik verlassen, um in Pretoria eine Englischschule zu besuchen, damit er danach in Joburg studieren kann. Er schwärmt so von seinem Heimatland und zeigt uns Bilder von den schönsten Orten, sodass wir es schon fast bereuen nicht auch durch Mosambik zu touren. Louis kocht für uns Boboti, ein südafrikanisches Hackfleischgericht, was ursprünglich von den malayischen Zuwanderern stammt, die uns schon im Bo-Kaap (Kapstadt) begegnet sind. Das Rezept ist auf jeden Fall gespeichert und wird mit Sicherheit in Deutschland nachgekocht.

Aber ganz faul sind wir nicht, denn ein bisschen Kultur kann nicht Schaden. Also besuchen wir das riesige Voortrekker-Monument und erfahren einiges über die Geschichte des „Großen Tracks“, die Flucht der burischen Bewohner (Voortrekker) aus der Kapkolonie (1835-1841) nach der Annexion der Briten. Auch Fort Schanskop, das im Zweiten Burenkrieg an die Briten fiel, steht auf unserem Programm. Außerdem besuchen wir den Hazel Food Market, wo wir lauter Leckereien aus aller Welt probieren können – es gibt auch einen Stand mit deutscher Bratwurst – aber wir naschen lieber von den Dingen, die wir noch nicht kennen. Und im Moreleta Kloof Natur Reservat können wir bei einem Spaziergang die ungefährlichen Tiere Südafrikas wieder einmal hautnah erleben.

Da wir schon wissen, dass unser nächstes Reiseland keine eigene Währung hat und alles in US$ bezahlt wird, es aber an den Geldautomaten kein Geld gibt, müssen wir uns schon im Vorfeld mit den nötigen Dollarscheinen ausstatten. Also suchen wir in Pretoria eine Bank, die unser Geld wechseln kann. Nachdem wir von Bank zu Bank geschickt werden, sitzen wir dann endlich vor einem Bankangestellten, der bereit ist, uns die gebrauchte Währung auszuzahlen. Leider läuft das nicht so einfach wie erwartet, denn man kannst gerne eine Fremdwährung mit ins Land bringen, aber um sie herauszuschaffen, muss man einige Hürden nehmen. Wir sitzen ganze drei Stunden in diesem kleinen Büro und füllen ein Formular nach dem anderen aus, müssen die Ein- und Ausreise in Südafrika genau dokumentieren, Gründe angeben, wann, für wie lange und warum wir nach Simbabwe wollen. Flugtickets vorlegen, aktuelle Kontoauszüge herbeizaubern usw. usw. Danach wird uns erklärt, dass diese ganzen Dokumente jetzt geprüft werden und wir morgen gerne wieder kommen können, um unser Geld zu tauschen. Na toll … wie kompliziert ist das denn?! Ok, also traben wir den nächsten Tag wieder an, in der Hoffnung, dass es jetzt ganz schnell geht. Aber weit gefehlt, wir sind wohl berechtigt, um das nötige Geld zu erhalten, aber dafür müssen wir nochmal jede Menge Formulare ausfüllen und Unterschriften leisten. Zwei Stunden später haben wir dann, nach viel Papierkram und jeder Menge Gebühren, unsere Scheine in der Hand. Der Bankangestellte murmelt noch eine Entschuldigung, ihm ist das ganze Theater wegen den paar Kröten wahrscheinlich selber peinlich und wünscht uns eine gute Reise. Und wir dachten – Deutschland ist das Land der kleinkarierten Bürokraten.

Eigentlich wollten wir die letzte Nacht vor unserem Flug in Joburg auf dem Flughafen verbringen und abwechselnd etwas schlafen und die Rucksäcke bewachen. Louis findet, das ist großer Quatsch – wir können doch noch die eine Nacht bleiben, gemeinsam einen schönen Abend verbringen und morgen in aller Ruhe starten. Dieses nette Angebot nehmen wir natürlich dankend an und Louis führt uns in Oupa´s Taverne, wo wir in einem kleinen Biergarten unser Bier mit den Einheimischen genießen. Damit die beiden Männer sich nicht zurückhalten müssen, übernimmt heute mal Kerstin das Steuer und kurvt souverän den kleinen Polo durch den Linksverkehr. Danach gibt es noch ein paar leckere Drinks im Jock Of The Bushveld Pub und ein riesiges Steak zum kleinen Preis. Es ist ein entspannter und lustiger Abend, da Louis irgendwie überall auf der Welt zuhause ist, erhalten wir unzählige Tipps für unsere Reise durch Simbabwe und Argentinien, denn auch dort hat er schon viel Zeit verbracht. Wir bekommen die Telefonnummer von seinem Freund Jack aus Ushuaia und überdenken nochmal unsere Reiseroute. Das war ein wirklich gelungener Abschied von Südafrika und von Louis.

Eine Reise misst man besser an dazu gewonnenen Freunden als an Meilen.

Tim Cahill

Dear Louis, thanks for the nice time with you, for some talks with a beer, the delicious food and the countless tips for our trip. We already have contact with Jack and will meet him in Ushuaia. We hope to see you again someday. If you are in Frankfurt or anywhere in Germany contact us.

 

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