Wir haben Underberg schweren Herzens verlassen, aber die Drakensberge können wir noch für ein paar Tage bestaunen. Und obwohl die Fahrt zur nächsten Unterkunft schon ein bisschen wehmütig ist, sind wir gespannt, was uns nun erwartet. Die Tage an denen wir unseren Standort wechseln, sind für uns wie eine große Wundertüte. Man fängt ja immer wieder von vorne an, sich an ein neues Umfeld und an neue Leute zu gewöhnen und stellt sich schon die Fragen: Wie und wo werden wir wohnen? Sind die Menschen die uns empfangen freundlich? Können wir uns dort gut versorgen? Werden wir überhaupt Strom und Wasser haben? Natürlich ist diese Spannung genau das, was wir auf unserer Reise gesucht haben, aber wenn man sich irgendwo besonders wohl fühlt, ist es schon etwas schwerer weiterzuziehen.

Du wirst niemals wieder ganz zu Hause sein, weil ein Teil deines Herzens immer anderswo sein wird. Das ist der Preis, den du für den Reichtum bezahlst, Menschen an mehr als einem Ort zu kennen und zu lieben.“

Miriam Adeney

Unterwegs Richtung Harrismith, eine Stadt nördlich der Drakensberge, stellen wir erneut fest, dass diese wunderschöne, grüne, märchenhafte Landschaft wohl unser Favorit in Südafrika sein wird, aber noch ist es zu früh für ein Ranking. Harrismith ist eine echte Planstadt, denn die Grundstücksflächen sind alle ordentlich in Rechtecke eingeteilt. Um so etwas zu errichten, braucht man eine riesige unbebaute Fläche, die der Brite Sir Henry George Wakelyn Smith 1849 in der Provinz Natal fand und die niederländischen Siedler davon überzeugen konnte, die Region trotz der britischen Annexion nicht im „Großen Track“ zu verlassen. Viel gibt es nicht zu sehen in der City und bis auf zwei, drei Cafés ist es auch ziemlich ruhig. Aber wir werden freundlich von Mariaan empfangen und haben eine riesige Unterkunft ganz für uns allein – mit Küche, Wohnzimmer, Schlafzimmer und Bad – das ist gerade richtiger Luxus. Ihr seht, wir haben schon gelernt uns über Dinge zu freuen, die Zuhause selbstverständlich sind. Erstmal nutzen wir die Zeit, um unsere Wochen im nächsten Reiseland Simbabwe zu planen und stellen jetzt schon fest, das wird wohl nicht so einfach wie in Südafrika. Aber wir wollen nicht vorgreifen. Jetzt wartet auf uns erstmal der Royal Natal Nationalpark mit seinen vielen Wanderwegen und den überwältigenden Bergen. Schon in der Früh packen wir unseren Rucksack und fahren Richtung Drakensberge. Wenn man in Südafrika mit dem Auto unterwegs ist, kann man am Straßenrand überall Menschen sehen, die ihren Daumen `raus halten. Eigentlich ist uns schon bewusst, dass man da lieber nicht anhält, denn da kann alles Mögliche passieren und wir haben keine Lust auf einen Überfall oder das plötzlich zehn statt vier Leute im Auto sitzen. Aber da wir uns ja gerne mal über gute Ratschläge hinweg setzten, machen wir heute eine Ausnahme. Ein älterer Schwarzafrikaner gibt uns per Handzeichen zu verstehen, dass er bei der nächsten Gelegenheit nach links abbiegen will – das ist auch unser Weg. Also halten wir spontan und lassen den guten Mann in unser Auto. Es stellt sich ganz schnell heraus, dass wir nichts falsch gemacht und genau den Richtigen erwischt haben. Er ist auf dem Weg ins Krankenhaus, weil er operiert werden muss und hätten wir ihn nicht mitgenommen, wäre er wohl ca. 2 Stunden später angekommen. Für einen kranken Mann ist das kein Zuckerschlecken, aber danach fragt hier keiner, wenn man sich Auto oder Taxi nicht leisten kann, wird gelaufen und darauf gehofft, so netten Autofahrern wir uns zu begegnen. Prima – wir teilen die Freude mit dem Mann und haben somit für gutes Karma gesorgt.

Am Parkeingang angekommen, werden wir wie üblich über die Risiken aufgeklärt und müssen persönliche Angaben machen. Diesmal sind es eine Menge Informationen, die wir hinterlassen müssen – Name, Herkunftsland, Autonummer, Telefonnummer und Wanderweg sind wir gewohnt, hier kommt noch die Farbe der Jacke, die Farbe des Rucksacks und die gewünschte Rückkehrzeit dazu und es ist nur erlaubt aufzubrechen, wenn man mindestens zu zweit ist. Wir gehen jetzt mal nicht davon aus, dass es gefährlich ist, was wir vorhaben und beruhigen uns damit, dass sie eben übervorsichtig mit ihren Touristen sind. Wir haben uns entschieden den George Trail zu gehen, der führt uns am großen Amphitheater vorbei, einem der spektakulärsten Natursehenswürdigkeiten in ganz Afrika. Es ist eine mehrere Kilometer lange und 1000 m hohe Felswand zwischen dem 3165 m hohem Sentinel und dem 3047 m hohem Eastern Buttress. Wir haben das Prachtstück schon von weitem bewundern können und freuen uns auf den exklusiven Blick. Anfangs laufen wir ganz gemütlich am Tugela-River entlang und ab und an mal durch ein schattenspendendes Wäldchen, doch je höher wir kommen um so erbarmungsloser brennt die Sonne auf uns herab. In Nullkommanix sind unsere Klamotten so nass, als würde es regnen und die Vegetation am Wegesrand überragt mittlerweile unsere Köpfe. Wir sind tapfer und laufen immer weiter, denn ab und an kann man sich an einen Ausblick erfreuen, der einen jubeln lässt.

Als nach drei Stunden ungefähr drei viertel der Strecke geschafft sind, haben wir einen tollen Blick auf das Amphitheater, leider schaffen wir es aus der Nähe nicht, das ganze Panorama vollständig mit der Kamera einzufangen. Jetzt sind wir schon am Überlegen, ob wir es dabei belassen und wieder zurück laufen – aber irgendwie haben wir Angst, dass wir etwas besonderes verpassen. Wir gönnen uns eine kleine Erholungspause, marschieren weiter und stellen bald fest, dass wir dies nicht bereuen werden. Nach kurzer Zeit stehen wir in einer riesigen Schlucht und werden dieser für die nächsten Kilometer folgen, bis wir am Tugela-George angekommen sind. Es ist eine wirklich beeindruckende Höhle in die wir ein paar Meter hinein gehen können, bis wir vom entgegenkommenden Wasser aufgehalten werden. Anschließend klettern wir noch über eine Strickleiter aus der Schlucht und sind am Ziel unserer Wanderung angekommen. Wir sind wirklich froh, dass wir den Weg zu Ende gegangen sind, denn das Wasser in der Tugela-Schlucht ist erfrischend und die Gegend zeigt, von unten betrachtet, nochmal ein ganz neues Gesicht. Natürlich müssen wir den ganzen Weg wieder zurück, was am Ende ziemlich mühsam ist, aber nach sieben Stunden Fußmarsch sitzen wir geschafft aber zufrieden wieder in unserem Auto.

Am nächsten Tag tun uns die Füße weh und wir haben keine Lust zu laufen, obwohl es noch etliche Wanderstrecken zu erkunden gäbe. Zu Hause bleiben, macht auch keinen Sinn, denn es gibt keinen Strom und kein Wasser, wir können uns also nicht mal einen Kaffee kochen. Ganz schlau, wollen wir diesen in einem Café genießen, blöd ist nur, die haben auch weder Strom noch Wasser. Wir entscheiden uns eine Tour durch die Berge mit dem Auto zu machen. Da darf der Weg auch etwas länger sein und wir fahren auf die Rückseite des Royal Natal NP um das Amphitheater von der anderen Seite zu betrachten. Spannend ist es, als wir durch die Stadt Phuthaditjhaba kommen, hier war einmal der Verwaltungssitz des ehemaligen Homelands Qwa Qwa. Eine Stadt mit lauter kleinen Grundstücken, die eine Fläche einnimmt, soweit das Auge reicht und hier finden wir auch wieder das typische südafrikanische Gewusel auf den Straßen, das wir schon von unserer Tour durch Mthatha kennen.

So, das war es nun mit den Drakensbergen für uns, morgen geht es ab in die Metropole Joburg und nach Pretoria – in die schöne Hauptstadt Südafrikas.

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