Seit reichlich vier Wochen sind wir nun wieder zurück in der Heimat, konnten schon einige Familienmitglieder, Freunde und Arbeitskollegen in die Arme schließen, schlafen wieder im eigenen Bett und gehen zur Arbeit, um das Geld für den nächsten Tripp zu verdienen. Doch für euch ist unsere Reise noch nicht zu Ende, denn wie versprochen, bekommt ihr alle großen und kleinen Geschichten über unsere Erlebnisse zu lesen. Also machen wir jetzt eine Zeitreise nach Oregon in den Juni des letzten Jahres.

Gut ausgerüstet, mit Proviant für die nächsten Tage, beginnt unser Roadtrip durch Oregon auf dem Historic Hwy 30 in östliche Richtung. Nachdem wir in der ersten Stunde sehr oft stehen bleiben, um die fantastische Aussicht zu genießen, fragen wir uns bald, wie lange wir wohl brauchen werden, um Oregon zu durchqueren. Aber Zeitdruck können wir nicht gebrauchen und werden ihn auch nicht zulassen – es dauert so lange wir es dauert und wir genießen weiterhin jeden schönen Blick, der sich uns bietet.

In The Dalles verlassen wir den Grenzfluss und wagen uns ins zentrale Oregon. Es dauert auch gar nicht lange und wir tauchen in den Wilden Westen ein, die Gegend wird karger, unbewohnter und wir kommen vorbei an verlassenen Farmen oder einsturzgefährdeten Kirchengebäuden, in denen heute keiner mehr betet. Um 1900 boomte die Gegend, denn mit der Eisenbahnstrecke kamen Farmer und bewirtschafteten das Land, davon ist kaum noch etwas übrig. Das zeigt sich ganz deutlich in Shaniko, einer kleinen Stadt am US Hwy 97, denn sie gilt als Geisterstadt, obwohl sie noch 25 Einwohner zählt. Uns begegnet kein einziger davon und es fühlt sich schon etwas merkwürdig an, zwischen den großen Gebäuden auf der breiten aber völlig verlassenen Straße zu stehen.

Östlich von Shaniko erblicken wir dann in dem spärlich bewachsenen Landstrich eine Felsformation, die uns ein Lächeln ins Gesicht zaubert. Der perfekte Ort um sich ein Vesper zu gönnen und während wir so Schmausen, warten wir die ganze Zeit darauf, dass sich Indianer anschleichen oder Cowboys angeritten kommen – aber es bleibt ruhig – keine Ureinwohner mit Kopfschmuck und keine Bleichgesichter in Sicht – naja, ist vielleicht auch besser so. Das Wild-West-Feeling stellt sich angesichts der Landschaft ganz von selber ein. Als wir gesättigt sind, ein paar Fotos geschossen und unseren Krempel wieder zusammengepackt haben, geht’s auf zum großen Highlight des Tages – die Painted Hills im John Day Fossils Beds National Monument. Bunte Berge haben wir ja schon in Argentinien zu Gesicht bekommen, aber davon kann man einfach nicht genug haben und hier in Oregon hat es den Anschein, als hätte sich jemand mit einem Pinsel über die Hügel her gemacht. Beige-, Rot-, Schwarz- und Grüntöne lassen das kleine Gebirge wie ein Kunstwerk aussehen und die wandernde Sonne sorgt dafür, dass sich das Meisterwerk ständig verändert. Ein großes Wow und beide Daumen hoch gibt es hier von uns.

Doch die Painted Hills sind nur ein Teil dieses National Monuments und ein paar Kilometer weiter wartet schon das nächste Naturschauspiel auf uns. Wir fahren durch die Picture George, durch die der John Day River fließt, zu einem Aussichtspunkt, von dem aus wir einen fantastischen Blick auf die Sheep Rock Unit und die gerade durchquerte Schlucht haben. Hier bekommen wir das erste Mal eine Ahnung, von der endlosen Weite, die uns die nächsten Tage erwartet. Diese scheinbar grenzenlose Einsamkeit hinterlässt ein beklemmendes Gefühl, aber es wirkt keinesfalls demoralisierend auf uns, denn hier finden wir genau das, was wir gesucht haben. Auf unserem Weg durch die Badlands kommen wir in Dayville vorbei. Wieder eine kleine Enklave, in der es nur noch wenige Einwohner gibt und der größte Teil von ihnen befindet sich bereits im Rentenalter. Aber die Bewohner nehmen es offensichtlich mit Humor, bezeichnen sich, angesichts des nahegelegenen Schutzgebiets, selbst als freundliche Fossilien und hoffen vermutlich darauf, einmal im Kulturmuseum zu landen, so wie die Lebewesen, die dieses Gebiet vor Millionen von Jahren bewohnt haben. Damit die Durchreisenden anhalten und vielleicht den ein oder anderen Groschen dalassen, gestalten sie ihr kleines Städtchen sehr einladend. Die Wild-West-Kulisse, die sie entlang des Highways aufgebaut haben ist auch für uns überzeugend genug, um einen Stopp einzulegen.

An einem Tag so viele Eindrücke – darüber hinaus haben wir fast vergessen, dass wir uns ja noch einen Schlafplatz suchen müssen und jetzt fängt es schon langsam an zu Dämmern, höchste Zeit mit der Suche zu beginnen. Also ab in den nächst gelegenen National Forest, denn dort findet sich ganz bestimmt ein Campingplatz. Im Malheur National Forest werden wir schnell fündig. Mitten im Wald gibt es einige Stellplätze für Camper und für nur 8 US$ können wir hier eine ruhige Nacht verbringen. Das System ist mehr als einfach. Am Eingang des Campingplatzes befinden sich Infotafel, Umschläge und Briefkasten. Geld in den Umschlag – Umschlag in den Briefkasten – schon ist man eingecheckt und einmal am Tag kommt der Ranger vorbei, um die Gulden an sich zu nehmen. Wir machen uns erstmal ein Lagerfeuer, genießen unser Abendessen und bauen unser Auto zum Schlafzimmer um. Jetzt kann die Nacht kommen.

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