Hallo Leute, es gibt uns noch und obwohl wir schon seit acht Monaten versuchen uns in Deutschland wieder einzuleben – die Betonung liegt auf versuchen, denn es ist immer noch nicht ganz und gar gelungen – sind die Erinnerungen an die Erlebnisse und Erfahrungen unserer Reise noch so präsent, dass wir sie, wie versprochen, mit euch teilen. Für euch ist es ein Blick in die Vergangenheit, denn alles was ihr die nächsten Tage zu lesen bekommt, ist ungefähr vor einem Jahr geschehen. Für uns ist es eine kleine Reise, denn wir nutzen unseren diesjährigen Urlaub, um alles aufzuarbeiten, wofür wir im letzten halben Jahr keine Zeit gefunden haben. Keine Kleinigkeit, denn das Ganze ist mit regelrechten Gefühlsausbrüchen verbunden, die wir so nicht wirklich erwartet haben und der immer wiederkehrenden Frage: Warum sind wir eigentlich gerade hier und nicht irgendwo unterwegs? Dies ist nicht der richtige Moment, um diese Frage zu beantworten, aber auch dafür wird sich ein Zeitpunkt finden lassen. Jetzt geht`s erstmal auf ins Jahr 2018 in den Bundesstaat Oregon auf die endlosen Highways der USA. Könnt ihr euch erinnern? Wir sind tief in den Wilden Westen abgetaucht, schlafen im Auto und genießen die Natur in einer nahezu menschenleeren Gegend.

Die erste Nacht in unserem fahrbaren Untersatz war ganz passabel und wir starten den Tag entspannt mit einem Kaffee zwischen hohen Bäumen und zwitschernden Vögeln. Als Küche und Schlafzimmer wieder sicher verstaut sind, steuern wir die nächstgelegene Stadt an. In Baker City bekommt unser Fahrzeug erstmal etwas zu trinken und wir decken uns mit Proviant für die nächsten Tage ein. Unser Weg ist weit, denn das Ziel liegt in Wyoming und um dort hinzugelangen, müssen wir erstmal ganz Idaho durchqueren. Irgendwo im Nirgendwo haben wir plötzlich Internetempfang und da dies in den letzten Tagen ziemlich selten der Fall war, nutzen wir die Gelegenheit, fahren an den Straßenrand und es gibt einen Videochat mit unserer Tochter, die schon seit Tagen versucht uns zu erreichen. Zum Glück sitzen wir auf unserem Hinterteil, denn die Nachricht, die wir nun erhalten, ist alles andere als alltäglich. Wir werden Großeltern! Oh mein Gott … kein Witz? Nein, kein Witz, sondern eine Tatsache. Naja, bleiben wir mal ehrlich, so ganz überraschend kommt es nicht, denn dass das bald ansteht, konnten wir uns denken. Aber es zu wissen, macht dann doch nochmal einen Unterschied. Wir freuen uns sehr für unsere Tochter, dennoch kreisen die Gedanken. Wenn man so mit dem Rucksack auf dem Rücken durch die Welt tingelt, fühlt man sich eher wie zwanzig und nicht wie Oma und Opa. Können wir die Rolle überhaupt ausfüllen, wenn wir vom größten Abenteuer unseres Lebens zurückkehren, so ganz ohne die Schwangerschaft miterlebt zu haben. Die Zeit wird es bringen, so wie immer im Leben.

Mit dieser aufregenden Nachricht im Gepäck machen wir uns auf zum Hells Canyon. Viele Millionen Jahre brauchte der Snake River, um diese 16 km breite Schlucht in die Wallowa Mountains zu graben. Heute kommen die Menschen in dieses Gebiet, um Erholung zu finden. Auch wir brauchen erstmal ein Päuschen und genießen unser Picknick mit Blick auf den Canyon. Danach geht es vorbei am Brownlee Damm immer am Snake River entlang, denn dieser führt uns zu den ersten großen Nationalparks, die wir in den Staaten besuchen werden. Als wir die Grenze zu Idaho überqueren, wird uns wieder einmal eine Stunde auf der Uhr geklaut – höchste Zeit, um sich nach einem Nachtlager umzuschauen. Gar keine leichte Aufgabe, denn das Wochenende steht vor der Tür und bei schönem Wetter zieht es die Menschen raus in die Natur. Nachdem wir ein paar völlig überfüllte Campingplätze hinter uns gelassen haben, entdecken wir einen leeren Platz im Wald. Hmm – ganz so öde hätte es nicht sein müssen, hier sind wir absolut allein. Das wirft erstmal Fragen auf. Wieso ist hier niemand? Vor wenigen Kilometern haben sich die Leute noch um einen Stellplatz gestritten. Woran kann das liegen? Ist es hier sicher, oder müssen wir in der Nacht mit einem Überfall rechnen? Die bösen Gedanken werden schnell bei Seite gefegt, eine bessere Alternative ist nicht in Sicht und hier gibt es Wasser und Toiletten – also richten wir uns häuslich ein. Zu unserem Glück, verirrt sich noch ein Reisender hierher, also müssen wir die Nacht nicht ganz so einsam verbringen. Später lernen wir Van noch kennen und verbringen den Abend gemeinsam bei einem Bierchen und wirklich guten Gesprächen.

Da wir nicht am Wochenende im Nationalpark anreisen wollen, lassen wir es die nächsten zwei Tage etwas ruhiger angehen. Die Natur macht es uns leicht, denn die scheinbar unendliche Einöde hat nun doch ein Ende gefunden, die Berge werden wieder höher und in der Ferne können wir schon schneebedeckte Gipfel bewundern. Am Abend auf dem Campingplatz kommt uns eine Elchfamilie besuchen. Wirklich spektakulär, diese riesigen, wunderschönen Tiere mit ihrem majestätischen Gang beobachten zu können, ganz nah traben sie gemächlich an uns vorbei. Diese fruchtbare Gegend, in der es reichlich Wasser gibt, lockt natürlich auch die wilden Tiere an. Also heißt es, alles schön verstauen und nichts draußen liegen lassen, vor allem keine Nahrungsmittel, denn Bärenbesuch brauchen wir auf gar keinen Fall. Die würden wir lieber mit etwas Abstand bestaunen. In Ketchum gibt es außerdem noch einen kleinen Abstecher auf den Friedhof, denn dort liegt Ernest Hemingway zur letzten Ruhe gebettet. Ein kleines unscheinbares Grab, aber trotzdem unverkennbar, denn Bewunderer lassen die ein oder andere Whiskyflasche und Zigarre da. Sein übermäßiger Alkoholkonsum zu Lebzeiten hielt ihn nicht davon ab, einer der erfolgreichsten Schriftsteller der USA zu werden, was kann da schon ein Fläschchen auf dem Grabstein schaden.

Unsere letzte Etappe, vor unserem ersten großen Zwischenziel ist das Crater of the Moon National Monument. Riesige Flächen erkalteter Lavaströme liegen vor uns – herzlich willkommen auf dem Mond. Die vulkanische Aktivität ruht, aber unter der Oberfläche brodelt es heftig. Der letzte Ausbruch fand vor etwa 2000 Jahren statt, seither sind keine beachtlichen Bewegungen in diesem Schutzgebiet zu verzeichnen. Zeitweise wurde die Gegend im Rahmen des Apollo-Programms zur Ausbildung der Astronauten genutzt, eine Vorbereitung, um später auf dem Mond zu landen. Schon beeindruckend, aber ausgesprochen lebensfeindlich und nicht sehr einladend. Ein paar Kilometer weiter, bekommen wir zu spüren, dass wir uns einer großen Attraktion nähern. Die Campingplatzpreise steigen auf das dreifache der letzten Tage und die vielen Menschen streiten um jeden Quadratmeter Platz, für ihr Nachtlager. Zum Glück ist das Wochenende morgen vorbei, dann wird es hoffentlich etwas ruhiger.

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