Weiter geht unsere Reise Richtung Westen und heute ist ein besonderer Tag für Andreas, denn wir machen uns auf die Suche nach dem Ur-Cache. Bestimmt erinnert ihr euch, dass wir in Seattle das Geocaching-Hauptquartier besucht haben, da darf der Ursprung des ganzen Spieles natürlich nicht fehlen. Am 02. Mai 2000 hatte Dave Ulmer die Idee eine GPS-Schatzsuche zu starten, verkündete dies in der Usenet-Newsgroup und verfasste ganz einfache Regeln. Finde den Schatz, nimmt etwas heraus, leg etwas hinein und trage dich in das Logbuch ein. Schon einen Tag später versteckte Ulmer ca. 40km südwestlich von Portland einen großen schwarzen Plastikeimer, legte eine CD, eine Videokassette, ein Buch, eine Steinschleuder, eine Konservendose Bohnen hinein, veröffentlichte die Koordinaten und so nahm die Sachen ihren Lauf. Ab diesem Zeitpunkt versteckten immer mehr Menschen große und kleine Behälter und andere suchten danach. Im Jahr 2017 waren weltweit ca. 3.000.000 Schätze versteckt und ca. 2.000.000 Menschen versuchten diese zu finden. Einer davon ist Andreas … also gehen wir auf Schatzsuche und schlagen uns durch’s Geäst. Natürlich werden wir fündig, halten den schwarzen Plastikeimer bald in der Hand und bestaunen die Gedenktafel. Kerstins Begeisterung hält sich in Grenzen: „Da haben wir schon spektakulärere Caches gefunden!“, aber Andreas freut sich über den Fund, da zählt wohl mehr der ideelle Wert.
Da das Wochenende vor der Tür steht, wird es höchste Zeit, nach einer Lagerstatt Ausschau zu halten, schließlich treibt es die Leute aus der Großstadt bei diesem schönen Wetter raus in die Natur. Das heißt, große Konkurrenz bei der Suche nach dem schönsten Nachtlager. Ganz in der Nähe befindet sich der Mt. Hood Nationalpark, hier kennen wir uns schon aus und wissen, dass jede Menge Campingplätze vorhanden sind. Nachdem wir unser Plätzchen gefunden und uns breit gemacht haben, steht die Sonne noch hoch am Himmel, also machen wir uns auf zum Autoverleih nach Portland. Die Hoffnung ist groß, dass wir unseren Flitzer gegen einen etwas größeren Wagen eintauschen können. Jippie, wir werden nicht enttäuscht und bekommen einen nigelnagelneuen Ford Explorer, also ordentlich Platz für Bett und Stauraum auf der nächsten Etappe durch die Staaten. Mit der neuen Kiste geht`s zurück auf den Zeltplatz, hier wird jetzt zur Feier des Tages ordentlich geschlemmt und dann vorm Kamin angemessen entspannt. Jetzt sind wir eigentlich ganz zufrieden, aber eine entscheidende Sache fehlt noch. Bevor wir uns auf machen, um Oregons Pazifikküste zu erkunden, brauchen wir noch Strom, um unsere unentbehrlichen technischen Hilfsmittel zu laden. Unser Campingplatz ist spärlich ausgestattet, es gibt eine Wasserstelle und Toiletten, doch Strom ist hier weit und breit keiner zu finden. Aber mittlerweile wissen wir uns auch in solchen Situationen zu helfen und schleichen uns kurzerhand auf einen Sternecampingplatz ganz in der Nähe. Hier gibt es alles, was das verwöhnte Herz begehrt. Küche, Kiosk, Pool, Tennisplatz, Freizeitraum … Ähh, Freizeitraum? … Da gibt es doch bestimmt Strom! Und da sich bei dem Wetter eh alles draußen tummelt, ist das die perfekte Gelegenheit für uns, heimlich ein bisschen Energie abzugreifen. Rechner, Tablet, Handy, Fotoapparat, Powerbank … halleluja, zum Glück gibt es jede Menge Steckdosen. Hoffentlich bricht nicht gleich das ganze Stromnetz zusammen. Aber so ist das eben, wenn man tagelang in der Wildnis unterwegs ist, brauchen alle Geräte gleichzeitig Nahrung. Wir nutzen die Zeit, um an unserer Küstenroute zu feilen und fühlen uns nun ausreichend vorbereitet für die Fahrt in den Süden.
Am nächsten Morgen geht es los. Raus aus dem Mt. Hood Nationalpark und ab an die Küste Oregons. Alles spricht immer von der Küste Kaliforniens, dem Highway One, dem Big Sur … na klar, da kommen wir auch noch hin und es wird wunderschön, aber wir können euch jetzt schon verraten, dass wir uns in Oregons Küste verliebt haben. Am Oregon Coast Highway 101 reihen sich die State Parks aneinander, wie die Perlen an einer Kette, das heißt, fast die ganze Küste ist für den kleinen Mann zugänglich. Insgesamt ist die Küstenstraße ca. 550 km lang und je nach Geschmack, werden hier unterschiedlichste Bedürfnisse befriedigt. Unsere Tour startet bei herrlichem Sonnenschein und entspannten 25 Grad im Ecola State Park. Im Frühjahr kann man von hier die Wanderung der Grauwale beobachten, dafür sind wir leider etwas zu spät dran, aber auch beim Beobachten der Seelöwen und Seevögel vergeht die Zeit wie im Flug. Die Herzen der Surfer schlagen am Indian Beach höher, nicht umsonst diente dieser Park als Kulisse für den Film „Gefährliche Brandung“. Wir kommen auf den zahllosen Wanderwegen auf unsere Kosten und bekommen fantastische Ausblicke geboten, mal auf die zerklüftete Küste Oregons, mal auf goldene Sandstrände. In südlicher Richtung ragt ein riesiger Monolith aus dem Wasser, der Haystack Rock am Cannon Beach. Seine Ähnlichkeit mit einem Heuhaufen brachte ihm seinen Namen ein und mit 72 m Höhe zählt er zu den größten Küstenmonolithen der Erde. Bei niedrigem Wasserstand kann man ihn zu Fuß erreichen, das ist uns heute nicht vergönnt und mit dem Schwimmen haben wir es ja nicht so, also wird er von uns nur aus der Ferne bewundert.
Weiter durch den Oswald-West-State-Park und der Küstenstadt Rockaway Beach führt uns der Highway 101 immer schön an der Küste entlang bis zum Devils Lake State Park, wo wir uns ein Platz zum übernachten suchen.
Am nächsten Morgen widmen wir uns erstmal ausgiebig der Körperpflege und auch unsere Küchenutensilien werden grundgereinigt. Dann geht`s wieder auf die Straße und im Yaquina Bay State Park bekommen wir einiges geboten. Zuerst besichtigen wir den Leuchtturm am Yaquina Head, der mit seinen fast 30 Metern der höchste in Oregon ist. Von dort aus können wir eine riesige Kolonie Seevögel beobachten. Kormorane, Möwen und Trottellumme tummeln sich auf einem hohen, nackten Felsen an der Küste. Die Lumme findet man nur während der Brutzeit an Land und gerade verlässt der Nachwuchs die Nester. Offensichtlich finden sie ihren Geburtsort nicht sehr attraktiv, aber fliegen können sie noch nicht, also stürzen sie sich wie die Lemminge einer nach dem anderen vom Felsen in das kalte Nass. Ein echtes Schauspiel, bei dem einem schon mal der Atem stocken kann. Am liebsten würde man ihnen unter die Flügel greifen, wenn sie sich so tollpatschig in die Tiefe stürzen. Aber die Natur hat es genauso eingerichtet, denn die ganze Vorstellung nennt sich Lummespringen und wenn sie erstmal im Wasser gelandet sind, werden sie für die nächsten neun Wochen dort von ihren Eltern gefüttert, bis sie endlich fliegen können. Die Yaquina Bay ist eine ganz fantastische Bucht, mit tollen Stränden, der Hafenstadt Newport und einer spektakulären Brücke, die das Nord- und Südufer miteinander verbindet. Hier lässt es sich aushalten und die Zeit vergeht schneller als uns lieb ist.
Doch irgendwann müssen wir weiterziehen, denn im Süden warten heute noch jede Menge fantastische Orte auf uns. Über die Stadt Seal Rock durch den Siuslaw National Forest bis zum Cape Perpetua weiter zum Neptun State Park nach North Bend an der schönen Coos Bay. Am späten Nachmittag gibt es noch einen Streifzug durch den Humbug Mountain State Park, danach eine kleine Erholungspause am Gold Beach, bevor wir uns im Cape Sebastian State Park eine Bleibe suchen. Puhh, war das ein Trip … 180 Meilen Richtung Süden immer an der Küste entlang, die sich mit ihren so unterschiedlichen Ein- und Ausblicken direkt einen Platz in unseren schönsten Erinnerungen reserviert hat.
Der krönende Abschluss an Oregons südlichstem Küstenabschnitt ist das Naturschutzgebiet im Boardman State Scenic Corridor. Kaum Touristen, wenige Mini-Parkplätze und schmale Pfade … genauso wie wir es lieben. Ein kurzer Spaziergang bring uns zu einem Aussichtspunkt, von dem aus wir den Arches Rock mit seiner Natural Bridge bewundern können.
Und dann verabschieden wir uns von Oregon, denn vor uns liegt die Grenze, zum Bundesstaat Kalifornien. Unser eigentliches Ziel liegt weit ab von der Küste im inneren des Landes aber wir haben uns noch keine Gedanken über unsere Reiseroute gemacht, also steuern wir das erstbeste Infocenter an. Leider haben wir dort nicht so viel Glück, der nette Mann erklärt uns, dass es wohl am einfachsten ist, wenn wir den Weg über Oregon nehmen. Nicht mit uns, Oregon haben wir ausgiebig bewundert. Wir hocken uns also hin, basteln unsere eigene Route zusammen und fahren los. Unterwegs sammeln wir den ein oder anderen Cash ein und finden dann kurz vor Redding in einem Nationalpark ein lauschiges Plätzchen für die Nacht. Auf dem Hayden Flat Campground ist es absolut ruhig, nur eine weitere Familie ist noch da. Wir bauen unsere Freiluftküche auf, schnippeln, rühren und grillen unsere Leckereien und genießen sie in der Abenddämmerung und absoluter Stille.